15. Dezember 2017
- Die Studie zeigt Potenziale für das deutsche Gesundheitswesen, mithilfe der Robotik auf die Herausforderungen eines zunehmenden Fachkräftemangels und der demografischen Entwicklung zu reagieren. Vor allem für physisch anstrengende Tätigkeiten und die Logistik wird eine Entlastung durch automatisierte Systeme erwartet.
- Akteure im Gesundheitswesen sind grundsätzlich interessiert, doch bisher nur zögerlich in der Umsetzung. Das liegt an zu wenig ausgereiften Produkten, fehlenden großangelegten Studien mit Nutzern und unklaren Finanzierungswegen.
- Eine politische Weichenstellung ist dringend notwendig. Sektorale Abgrenzungen müssen überwunden werden. Eine proaktive Informationspolitik mit Maßnahmen zur Förderung gesellschaftlicher Akzeptanz und eine strategische Neuausrichtung der Aus- und Weiterbildung im Gesundheitswesen sind genauso notwendig wie die Schaffung von passenden Finanzierungswegen.
Die Stiftung Münch hat in einer Studie untersucht, welche Potenziale für die Gesundheitsversorgung in der Robotik liegen und wie diese gehoben werden können. Neben einer Übersicht über den Stand der Technik robotischer Lösungen und aktueller Entwicklungen für die Einsatzfelder Krankenhaus, Rehabilitation, Altenpflege und zur Unterstützung des selbstständigen Lebens in der eigenen Häuslichkeit wurde der Stellenwert der Ansätze in Japan und Korea beleuchtet, die auf dem Gebiet der innovativen Robotik in der Gesundheitswirtschaft als Vorreiter gelten. Darauf aufbauend zeigt die Studie Potenziale für das deutsche Gesundheitswesen auf, entwirft mögliche Zukunftsszenarien und gibt Handlungsempfehlungen, welche technischen, politischen und rechtlichen Hürden es zu überwinden gilt.
Die Studie zeigt auf, dass robotische Systeme das Potenzial haben, zukünftig eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung aufrecht zu erhalten. Aktuell sind jedoch nur wenige robotische Systeme im Einsatz. Am weitesten fortgeschritten ist der Bereich der neurologischen Rehabilitation und minimal-invasiven Operationsverfahren. Insbesondere sind jedoch bei physisch anstrengenden Tätigkeiten und in der Logistik Entlastungen durch automatisierte Systeme zu erwarten.
Um den Einsatz jenseits von Prototypen und Forschungsprojekten zu ermöglichen, müssen gesetzliche und rechtliche Voraussetzungen geschaffen und klare Finanzierungswege festgelegt werden. Die Akzeptanz muss durch gezielte Kommunikation erhöht werden – ein Ansatz, der in Japan und Korea aktiv praktiziert und politisch vorgegeben ist und als Vorbild für Deutschland dienen kann. Auch die Forschungsförderung muss intensiviert werden. Dabei ist es entscheidend, Regularien und Administration abzubauen und zu flexibilisieren und insbesondere auch Start-ups und Kleinunternehmen zu unterstützen.
Ein weiterer wichtiger Punkt, um robotische System zu etablieren, ist die Ausrichtung der Versorgungssysteme am Nutzen der Patienten. Die gegenwärtige sektorale Trennung stellt ein Innovationshindernis dar, das es zu überwinden gilt. Schließlich muss die Aus- und Weiterbildung im Gesundheitswesen strategisch neu ausgerichtet werden, da in allen Bereichen des Gesundheitswesens aufgrund der wachsenden Technisierung und Digitalisierung eine ergänzende Qualifizierung des Personals erforderlich ist und auch neue Berufsbilder geschaffen werden müssen.
„Insbesondere die Pflegerobotik kann perspektivisch ein wichtiger Baustein werden, die physischen und auch bürokratischen Belastungen der Pflegekräfte zu minimieren und so diesen für das Gesundheitswesen eminent wichtigen Beruf wieder attraktiver machen. Sie soll die Pflegekräfte nicht ersetzen, sondern diesen idealerweise mehr Zeit für die menschliche Zuwendung ermöglichen“, so Stephan Holzinger, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Münch.
Die Studie wurde unter der Federführung von Professor Barbara Klein (Frankfurt University of Applied Sciences) und Dr. Birgit Graf (Fraunhofer IPA, Stuttgart) durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in einem Buch veröffentlicht, das am 15. Dezember im medhochzwei-Verlag erschienen ist.
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Die Stiftung Münch wurde 2014 von Eugen Münch ins Leben gerufen. Das Stiftungsziel ist es, trotz einer alternden Gesellschaft weiterhin allen Menschen den Zugang zu nicht rationierter Medizin zu ermöglichen. Als Grundlage dient das von Eugen Münch entwickelte Konzept der Netzwerkmedizin. Die Stiftung unterstützt Wissenschaft, Forschung und praxisnahe Arbeiten in der Gesundheitswirtschaft und fördert den nationalen und internationalen Austausch. Sie arbeitet unabhängig und stellt ihr Wissen öffentlich zur Verfügung. Den Vorstand bilden Stephan Holzinger (Vorsitz), Eugen Münch (stellv. Vorsitz) und Prof. Dr. med. Bernd Griewing; die Geschäftsführung liegt bei Prof. Dr. Boris Augurzky (wissenschaftlicher Geschäftsführer) und Dr. Johannes Gruber (Geschäftsführer, Syndikus).