Sonderpreis als Vorreiter in Sachen Telemedizin
Das schweizerische Unternehmen Medgate könnte dem deutschen Gesundheitssystem wertvolle Impulse geben. Um Medgates vorbildliche Arbeit auch hierzulande bekannter zu machen, hat die Jury Medgate einen Sonderpreis zugesprochen.
Was Medgate so besonders macht, beschreibt eine dort angestellte Ärztin so: „Bei Medgate lernt man mit dem Ohr luaga“ – also mit den Ohren die Patienten zu sehen. Medgate ist ein Pionier der Telemedizin. 1999 gegründet, arbeiten heute rund 320 Angestellte, darunter etwa 100 Ärzte, für das Unternehmen, das mit bis zu 5.000 Telekon- sultationen pro Tag das größte telemedizinische Zentrum Europas betreibt.
Was in vielen anderen Ländern nur als Zukunftsvision bekannt ist, praktiziert Medgate bereits seit 16 Jahren: die Behandlung von Patienten per Telefon. So lange schon bietet das Unternehmen Krankenversicherern und Privatpersonen in der Schweiz telemedizinische Leistungen an, die von der allgemeinen Beratung über Diagnostik, Überweisung bis zur Rezeptierung reichen. Die Ärzte, von denen ein Großteil im Homeoffice arbeitet, sind rund um die Uhr erreichbar, telefonisch oder online. Zur besseren Beurteilung von Haut- und Augenveränderungen können Patienten Bilder der betroffenen Stellen per Mail oder via Medgate-App übermitteln. Wünscht es der Patient, erhält er nach der medizinischen Beratung einen anonymisierten Behandlungsplan per SMS oder E-Mail zugeschickt. Auch das Rezept kann elektronisch übermittelt und von Online-Versandapotheken direkt per Post zugestellt werden. Natürlich kann der Patient das Medikament auch in „seiner“ Apotheke abholen. In diesem Fall wird das Rezept direkt an die entsprechende Apotheke gefaxt. In über 200 Apotheken haben die Patienten zudem die Möglichkeit, über eine gesicherte Datenverbindung per Video mit einem Medgate-Arzt zu sprechen.
Neben einem niedrigschwelligen Zugang zu Gesundheits- leistungen rund um die Uhr (Medgate-Slogan: „doc around the clock“) können Patienten Prämienersparnisse erzielen, indem sie sich für alternative Versicherungsmodelle entscheiden (Managed Care/Gatekeeping-Modelle), in denen das telemedizinische Zentrum von Medgate als Gatekeeper fungiert. Volkswirtschaftliche Ressourcen werden geschont durch die Verringerung unnötiger Arzt- besuche („Doktor-Hopping“). Der bessere Informations- austausch senkt zudem das Risiko unerwünschter Arznei- mittelwirkungen und vermindert unnötige Doppeluntersuchungen.
Als telemedizinischer Dienstleister gestartet, gilt Medgate inzwischen als einer der führenden Anbieter für integrierte ambulante Gesundheitsversorgung in der Schweiz. Das Unternehmen betreibt zwei eigene Ärztezentren in Zürich Oerlikon und Solothurn, die Zahl solcher Zentren soll in den nächsten Jahren erhöht werden. Zudem ist Medgate mit rund 1.700 Mitgliedern des Medgate-Partnernetzwerks verknüpft, dem schweizweit Grundversorger, Spezialisten, Spitäler und Apotheken angehören. Inzwischen exportiert das Unternehmen seinen Telemedizin-Ansatz: Nach der Eröffnung des Abu Dhabi Telemedicine Centre in den Vereinten Arabischen Emiraten im Jahre 2014 und eines telemedizinischen Zentrums in Australien (2015) ging Mitte 2016 ein Telemedizin-Center nach dem Medgate-Konzept auf den Philippinen an den Start.
Begründung der Jury
Wer an einem Freitagnachmittag in Berlin einen Hausarzt aufsuchen will, telefoniert fast nur noch mit Anrufbeantwortern – die meisten Praxen sind bereits geschlossen. An einem Samstag muss man es schon gar nicht mehr versuchen – es bleiben nur Notdienste oder die Notaufnahme eines Kran- kenhauses. Dabei mangelt es in Berlin nicht an Ärzten, sondern an flexiblen Angebotsstrukturen.
In unserem Nachbarland Schweiz gibt es dieses Problem nicht. Hier können Patientinnen und Patienten 24 Stunden pro Tag und an sieben Tagen in der Woche direkt mit einem Arzt oder einer Ärztin telefonisch Kontakt aufnehmen. Und in 50 Prozent der Fälle – und dies sind immerhin 5.000 Fälle pro Tag – können die Probleme abschließend gelöst werden, es muss kein weiterer Arztkontakt stattfinden.
Wie bei vielen Innovationen ist das Angebot nicht nur patientenorientierter, sondern gleichzeitig günstiger. Medgate postuliert Kosten- einsparungen von 10 bis 17 Prozent – und das bei einer Fehlerquote, die deutlich niedriger ist als in normalen Arztpraxen. Und dies nicht erst seit gestern, sondern bereits seit vielen Jahren!
Dr. Andy Fischer, Gründer und CEO von Medgate
1999 gründete er das Unternehmen Medgate, das er seither als Geschäftsführer leitet und in dessen Verwaltungs- rat er Mitglied ist. Er ist Gründungs- und Vorstandsmitglied der schweizerischen Gesellschaft für Telemedizin und eHealth (SGT-MeH) sowie Präsident der Internationalen Gesellschaft für Telemedizin und eHealth (ISfTeH).
Seit 2008 hat er einen Lehrauftrag für Telemedizin an der Universität Zürich. Fischer ist außerdem Vizepräsident des Vereins „Bündnis freiheitliches Gesundheitswesen Schweiz“ und Mitglied des Verwaltungsrats des Universitäts-Kinderspitals beider Basel (UKBB).